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Online-Fachtag des Projekts „iQ_EB“

27.02.2021   |   Autor*in: Matthias Müller-Stehlik

Das Projekt „Qualifizierung für eine inklusive, allgemeine Erwachsenenbildung am Beispiel von Blindheit und Sehbeeinträchtigung - iQ_EB“, ist nach einer Projektlaufzeit von zwei Jahren erfolgreich abgeschlossen wurden. Aus diesem Anlass hatten Projektkoordinatorin Dr. Ramona Kahl und Projektleiterin Dr. Sabine Lauber-Pohle vom Institut für Erziehungswissenschaft der Philipps-Universität Marburg zu einer Fachtagung eingeladen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Tagung 2020 abgesagt werden und wurde am 11. Februar 2021 online nachgeholt. Im Kern der Veranstaltung ging es darum, sowohl die Projektergebnisse und das im Projekt entwickelte Fortbildungskonzept vorzustellen, als auch mit Vertreter*innen hessischer Volkshochschulen (vhs) und Praxispartner*innen aus der Selbsthilfe ins Gespräch zu kommen.

Erfreulicherweise waren zahlreiche Vertreter*innen sowohl von Organisationen der Selbsthilfe als auch von Volkshochschulen im digitalen Veranstaltungsraum versammelt.  Von besonderer Bedeutung dürfte die Tagung für Beteiligte des Projekts „Inklusion an hessischen vhs“ gewesen sein. Die Volkshochschulen Frankfurt am Main, des Landkreis Gießen und des Main-Kinzig-Kreises wollen mit dem Projekt in den kommenden zwei Jahren Inklusion an den drei hessischen Standorten weiterentwickeln. Entsprechend wird das Verbundprojekt vom Land Hessen im Rahmen des Weiterbildungspakts gefördert. Während in Frankfurt der Schwerpunkt darauf liegt, fachbereichsübergreifend eine inklusive Programmplanung zu beginnen, sowie Kurse zu entwickeln und zu erproben, liegt der Fokus der vhs im Landkreis Gießen darauf, barrierefrei zugängliche Bildungsangebote auszuweiten. Dafür sollen Lehrkräfte fortgebildet und fachlich begleitet werden. In Gelnhausen hat sich die vhs der Bildungspartner Main-Kinzig zum Ziel gesetzt, Angebote der historisch-politischen Bildung für Menschen mit Behinderung auszuweiten, eine Weiterbildung für inklusive Lernkultur in der Praxis zu erproben sowie die digitale Plattform inklusivelernkultur.de  für das Verbundprojekt und in der Community inklusiver Lernkultur zu etablieren. Durch den Austausch und das gegenseitige Lernen sollen Synergieeffekte genutzt, aber auch standortspezifische Bedingungen identifiziert werden. Die Ableitung von übertragbaren Handlungsansätzen soll damit auf eine breitere Ebene gestellt werden. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, Inklusion nicht nur an den drei Projektstandorten nachhaltig zu verankern, sondern Umsetzungsmöglichkeiten auch für weitere vhs unter Einbindung des Hessischen Volkshochschul-Verbands (hvv) nutzbar zu machen. Das Interesse an der Fachtagung war dementsprechend groß.

Während der Präsentation der Projektergebnisse hob Dr. Lauber-Pohle hervor, dass das Weiterbildungsinteresse bei Menschen mit Sehbeeinträchtigung überdurchschnittlich hoch sei. Auch wenn sich in den letzten Jahren im Hinblick auf Inklusion an Volkshochschulen Vieles entwickelt habe, sei der Zugang zu Weiterbildung für diese Zielgruppe weiterhin mit Hürden verbunden. So beruhe ein erfolgreicher Zugang zu Fortbildungsangeboten auf einer „doppelten Orientierungs- und Passungsnotwendigkeit“. Menschen mit Behinderungen (MmB) müssten nach wie vor, neben den üblichen Suchkriterien, wie etwa der Suche nach einem Kurs, der den eigenen Interessen entspricht, auch beeinträchtigungsspezifische Anforderungen an einen Kurs beachten. Hierbei spiele nicht nur die Barrierefreiheit des Kursangebots an sich eine Rolle, auch der Anreiseweg zum Kursort kann bereits ein Ausschlusskriterium sein. Vor diesem Hintergrund wird die Bandbreite an Herausforderungen für MmB beim Zugang zu Bildung deutlich. Inklusive Bildungszugänge zu erarbeiten, heiße auch, jene Herausforderungen, mit denen MmB konfrontiert sind, zur Kenntnis zu nehmen.

Grafische Darstellung: Allgemeine Anforderungen wie die Formulierung eines Weiterbildungsinteresses und das Finden eines passenden Angebots, müssen ebenso bearbeitet werden wie spezifische Anforderungen. Hierzu gehören die Sicherstellung von Barrierefreiheit und die Organisation des Lernens unter den Bedingungen von Behinderung. Dies führt zu einer doppelten Suchbewegung und Orientierungsnotwendigkeit.
Abb.1 Lauber-Pohle 2021, Doppelte Orientierungsaufgabe, Präsentation Fachtagung iQ_EB

Simone Krähling, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt iQ_EB stellte im Anschluss die Ergebnisse der Fallstudie vor, die jene Passungsfähigkeit hessischer vhs analysierte, welche Dr. Lauber-Pohle zuvor umrissen hatte. Ableitend aus den Ergebnissen beider Fallstudien, lässt sich nach Lauber-Pohle schlussfolgern, dass Volkshochschulen, um ihre Passungsfähigkeit weiter zu professionalisieren, auf mehreren Ebnen herausgefordert sind. Denn vhs-Kurse sind einerseits dem Prinzip der freiwilligen Teilnahme und andererseits der Prämisse einer finanziellen Eigenbeteiligung der Kursteilnehmenden unterworfen. Daher rücke bereits die Programmplanung ins Zentrum erwachsenenpädagogischer Professionalität. Denn Inhalte eines Kurses seien nicht vorab definiert, sondern müssten zunächst mit verschiedenen Beteiligtengruppen ausgehandelt werden, um im nächsten Schritt geplant und umgesetzt zu werden. Zur Umsetzung gehöre dann die Vermarktung, die Berücksichtigung trägerspezifischer Auflagen, die Kostendeckung, usw. Entsprechend gehöre das Ineinandergreifen diverser Teilprozesse zur pädagogischen Arbeit, bevor das Angebot selbst schließlich von Kursleitenden umgesetzt werde. Dozent*innen seien daher nur Teil der erwachsenenpädagogischen Gesamtwertschöpfungskette. Die Summe der Passungsarbeit ergebe die pädagogische Gesamtleistung. Inklusion müsse folglich als Mehrebenenherausforderung für Volkshochschulen aufgefasst werden.

Grafische Darstellung des zuvor beschriebenen aufwendigen kommunikativen Planungs- und Aushandlungsprozesses mit vier zyklisch wiederkehrenden Schritten: Bedarfsartikulation, Programmplanung, Beratung und Anmeldung und Kursgestaltung. Mit der Evaluation beginnt der neue Zyklus der Bedarfsartikulation. Der gesamte Prozess wird durch eine intensive Vernetzung und Kooperationsgestaltung nach außen und innen begleitet und unterstützt.
Abb. 2 Lauber-Pohle/Seitter 2020

Außerdem war insbesondere für vhs-Vertreter*innen die anschließende Vorstellung des Fortbildungskonzepts „Inklusive, allgemeine Erwachsenenbildung mit Schwerpunkt auf Blindheit und Sehbeeinträchtigung“ von großem Interesse, welches im Rahmen des Projekts iQ_EB auf Grundlage der Fallstudien entwickelt wurde. Die Zielgruppe der Fortbildung ist hauptamtliches leitendes und planendes Personal an vhs. Die Fortbildungsreihe besteht aus vier Grundkursen mit je sechs Unterrichtseinheiten. Zusätzlich entwickelt wurden zwei Vertiefungskurse zu Blindheit und Sehbeeinträchtigung mit je vier Unterrichtseinheiten.

Dr. Christiane Ehses, stellv. Verbandsdirektorin des Hessischen Volkshochschulverbands, hob in der anschließenden Diskussionsrunde auf die hohen Qualitätsanforderungen ab, die es innerhalb der Volkshochschulen weiterhin zu verwirklichen gelte, um den Bildungsauftrag „Bildung für alle“ sicher zu stellen. Eine wesentliche Herausforderung sehe sie darin, aus der Besonderung von MmB herauszukommen und Inklusion zum Selbstverständnis zu machen.

In diesem Zusammenhang sprach Rudi Ullrich, Präsidiumsmitglied vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, von Problemen bei der Ideenfindung, inklusive Bildungsangebote zu entwickeln. Er forderte zu mehr Dialog zwischen pädagogisch Verantwortlichen und Vertreter*innen von Betroffenenverbänden auf. „Habt keine Hemmungen, bei Betroffenenverbänden nachzufragen,“ so Ullrich.

Ein Angebot zur Vernetzung und Kooperation unterbreitete Susanne Reith, Leiterin der Abteilung Rehabilitation und Beratung beim Blinden- und Sehbehindertenbund Hessen (BSBH) und Koordinatorin des Beratungsangebots. In ihrem Vortrag informierte sie über die Arbeit des Selbsthilfeverbands und gab Hinweise zu den regionalen Beratungsstellen von Blickpunkt Auge. Hessen gehöre zu den ersten Blickpunkt-Auge-Regionen. Neben der Beratung biete Blickpunkt Auge Möglichkeiten des Austauschs zwischen Betroffenen in diagnosespezifischen Gruppen, Gesprächskreise und offene Treffs an. Die Beratungsstellen ständen allen Menschen offen, die mit Sehverlust konfrontiert sind, auch jenen Menschen, deren Angehörige, Kolleg*innen oder (Mit-)Schüler*innen von Sehverlust betroffen sind, so Susanne Reith.

Im Sinne Rudi Ullrichs Forderung nach mehr Vernetzung wurden im Chat der Online-Fachtagung diverse Links geteilt, E-Mail-Adressen ausgetauscht – und es gab erste Kooperationsbekenntnisse. So bekundete die BiP-vhs eine engere Zusammenarbeit mit dem Forschungsteam rund um Dr. Lauber-Pohle im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Fortbildung für inklusive Lernkultur. Vor diesem Hintergrund wurde das Ziel der Fachtagung, nämlich neben der Präsentation der Projektergebnisse auch mit Vertreter*innen hessischer Volkshochschulen und Praxispartner*innen aus der Selbsthilfe ins Gespräch zu kommen, erreicht. Darüber hinaus schärfen die Forschungsergebnisse den Blick auf die inklusive Erwachsenenbildung vor allem hinsichtlich volkshochschulpädagogischer Arbeitsabläufe. Alles in allem, wurde mit dem Projekt iQ_EB ein wichtiger Beitrag dazu geliefert, Volkshochschule inklusiv weiterzuentwickeln. Eine große Chance wird von allen Beteiligten in einer verstärkten Zusammenarbeit gesehen. Dazu möchte auch das Projekt „Inklusion an hessischen vhs“ beitragen.

Die Projektergebnisse sollen 2022 in einem Buch veröffentlicht werden.

Literatur:

Lauber-Pohle, S. & Seitter, W. (2020): Erwachsenenpädagogische Fachlichkeit für eine inklusive allgemeine Erwachsenenbildung: eine kooperative Mehrebenenherausforderung am Beispiel von Blindheit und Sehbeeinträchtigung. In: QfI–Qualifizierung für Inklusion, Online-Zeitschrift zur Forschung über Aus-, Fort- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte 2(1). Abgerufen am 22.02.2021 unter: [klick]

Geteilte Links:

  • dbsv – Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V., Link
  • dvbs – Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Link
  • Blickpunkt Auge – Rat und Hilfe bei Sehverlust, Link: https://blickpunkt-auge.de/ Beratungsstellen in Hessen, Link
  • Blista – Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Link
  • Blista-News: Das Magazin, Link
  • Blinden- und Sehbehindertenbund in Hessen e. V. (bsbh), Link
  • BIT inklusiv – Barrierefreie Informationstechnik für inklusives Arbeiten (dvbs), Link
  • Einfach für Alle – Das Angebot der Aktion Mensch für ein barrierefreies Internet (Aktion Mensch), Link
  • ERW-IN - Berliner Erwachsenenbildung Inklusiv, Link
  • geseb - Gesellschaft Erwachsenenbildung und Behinderung e. V., Link
  • Horus – Die Fachzeitschrift (Blista), Link
  • Inklusive Lernkultur – Zentrum für inklusive Lernkultur, Link
  • Projekt „agnes@work“ – Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige – Beratungs- und Kompetenznetzwerk am Arbeitsplatz (dvbs), Link
  • Projekt „INAZ“ – Inklusive Bildung in der Alphabetisierungspraxis und im System des Zweiten Bildungswegs – Qualifikationen, Kompetenzen und Bedarfe des pädagogischen Personals (Hochschule Bremen – Prof. Dr. Marianne Hirschberg), Link
  • Projekt „V#D“ – Vielfalt digital stärken (Philipps Universität Marburg), Link
  • Servicestelle für behinderte Studierende (SBS), Link
  • Technische Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg) gGmbH, Link
  • Woche des Sehens – Blindheit. Verstehen. Verhüten, Link

Kategorie: Fachtage;Berichte;Erfahrungsaustausch
Schlagwörter: Uni Marburg  |  iQ_EB  |  Online Fachtag  |  Volkshochschulen  |  inklusive_Lernkultur  |  Hessischer_Weiterbildungspakt





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