Was bedeutet es in einer Demokratie zu leben? Wie funktioniert unser Staat? Wer oder was bedroht unser Gemeinwesen? Um Menschen mit Behinderungen ein möglichst selbst bestimmtes und niedrigschwelliges Angebot der politischen Bildung zu machen, wurde 2021 in einem gemeinsamen Projekt zwischen dem kommunalen Bildungspartner Main-Kinzig GmbH (BiP-vhs) und dem inklusiven Bildungscampus „Blauhaus“ des BWMK (Behinderten-Werk Main-Kinzig e.V.) eine Demokratiewerkstatt etabliert. Das Konzept hat im Wettbewerb um den Exzellent-Preis in der Kategorie Bildung den zweiten Platz belegt und ist nun bei der Werkstätten:Messe in Nürnberg ausgezeichnet worden.
Freuen sich über den Exzellent-Preis für die Demokratiewerkstatt (von links): Pia Egner (Blauhaus Hanau), Manuel Schreiber-Alvarez (Teilnehmer), Matthias Müller-Stehlik (BiP-vhs) und Angelique Kosian (Blauhaus Hanau). Foto: Steffen Kirschner
„Ziel dieses Angebots ist es den/die Einzelne/n zu stärken, Menschen zusammenzubringen, den demokratischen Diskurs vor Ort zu beleben und damit die gemeinsame demokratische Kultur zu fördern“, erklären die Kooperationspartner. In der Laudatio durch Dr. Ingo Krüger von der bayerischen Sparkassenstiftung hieß es, dass die Initiative besonders lobenswert sei.
„Das gilt insbesondere auch mit Blick auf den rassistischen Anschlag in Hanau, der 2020 unser Land erschütterte“, so Krüger. Der zweite Platz im Wettbewerb um den Exzellent-Preis, den die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) seit vielen Jahren ausschreibt, ist mit 500 Euro dotiert.
In Demokratiewerkstätten treffen sich interessierte Bürger:innen, um sich mit gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Themen zu beschäftigen. Urheber des Konzepts ist der Büdinger Kreis e. V., ein überparteilicher Verein zur politischen Bildung und Kommunikation. Die regelmäßigen Treffen im inklusiven Bildungscampus „Blauhaus“ des BWMK in Hanau richten sich an alle Interessierten mit und ohne Behinderung.
Im Diskurs üben sich die Teilnehmer:innen darin Interessen zu kommunizieren, erweitern ihr Wissen, gewinnen Selbstvertrauen und werden selbst zu Multiplikator:innen einer starken Demokratie.
Moderiert werden die Demokratiewerkstätten von Demokratiewerkstattleitungen (DWL), pädagogisch erfahrenen Personen, die in einer speziellen Fortbildung mit dem Konzept und der Praxis vertraut gemacht werden. „Das Besondere daran ist, dass die Treffen auf Selbstbestimmung beruhen“, erklärt Alexander Wicker, stellvertretender Geschäftsführer der Bildungspartner. „Die Teilnehmer:innen legen sowohl den organisatorischen Rahmen, als auch die Themen fest – sofern diese sich auf dem Feld der Politik, der Wirtschaft oder der Geschichte bewegen“, ergänzt Pia Egner vom Blauhaus des BWMK.
Seit der Gründung der Demokratiewerkstatt 2021 haben bereits mehr als zwanzig Treffen in den Räumen des inklusiven Bildungscampus „Blauhaus“ in Hanau stattgefunden. Die Teilnehmer:innenzahlen variieren – das ist Teil des offenen und aufsuchenden Konzepts.
Die Demokratiewerkstatt sei keine feste Gruppe. „Die Menschen nehmen je nach zeitlicher Verfügbarkeit, aktuellem Bedürfnis oder Interesse teil“, so Egner. Es habe sich jedoch ein „harter Kern“ herausgebildet.
Angekündigt und vom Ablauf her beschrieben werden die Treffen über zahlreiche Medien wie Facebook, das Intranet der BWMK-Gruppe sowie die Info-Box an zahlreichen Werkstatt- und Betriebsstandorten des BWMK. Dazu werden selbstverständlich auch Mittel der Unterstützten Kommunikation wie Bilder und Piktogramme genutzt, so dass die Informationen möglichst allen verständlich sind.
Grundsätzlich wird die Demokratiewerkstatt hybrid, also gleichzeitig als Präsenztreffen sowie mit digitaler Zuschaltmöglichkeit angeboten.
„Ich freue mich besonders, dass bereits zwei Experten-Tage stattgefunden haben“, erklärt Teilnehmer Manuel Schreiber-Alvarez. Der politikinteressierte junge Mann ist regelmäßig bei den Treffen dabei. Auf Wunsch der Demokratiewerkstatt-Teilnehmer:innen gab es Vorträge und Diskussionsrunden zu den Themen „Hate Speech“ und „Hidden Codes“ – also die versteckten Zeichen von rechtsextremistischen Gruppen in der realen Welt sowie in den Sozialen Medien. Hierdurch erhalten die Teilnehmer:innen wichtige Informationen und Verbindungen zu weiteren regionalen bzw. überregionalen Fachstellen und Bildungsträgern wie der Bildungsstätte Anne Frank oder dem Mobilen Beratungsteam gegen Rassismus und Rechsextremismus in Osthessen.
Bereits seit 2011 arbeiten die Bildungspartner Main-Kinzig GmbH und das BWMK zusammen – mit dem Ziel, verschiedene Lernorte sowie Bildungsthemen für Menschen mit Behinderungen zu erschließen. In diesem Zuge sind unterschiedliche Volkshochschulkurse sowie Fachtage gestaltet worden. Überdies ist die hier vorliegende Internetplattform InklusiveLernkultur.de sowie eine modulare Weiterbildung zum/zur Berater:in für inklusive Lernkultur entstanden.
Zentrum für inklusive Lernkultur der Bildungspartner Main-Kinzig
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