„Es ist schön zu erleben, dass Arbeitsprozesse in den Werkstätten den Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt. So können alle zum Erfolg beitragen.“
Das war eine der vielen Erkenntnisse aus dem Schichtwechsel 2023. Während des bundesweiten Aktionstags tauschten Menschen mit und ohne Behinderung den Arbeitsplatz. Auch Werkstatt-Beschäftigte der BWMK gGmbH waren beteiligt, und mit ihnen Arbeitnehmer:innen aus 15 Unternehmen und Betrieben der Region zwischen Frankfurt und Schlüchtern.
15 Unternehmen und Betriebe aus der Region beteiligten sich am Schichtwechsel mit Werkstatt-Beschäftigten des BWMK.
„Die Beteiligung ist so hoch wie nie“, freute sich BWMK-Geschäftsführer Martin Berg, der die Tauschpartner:innen im Brockenhaus Hanau begrüßte. 2019 wurde der Schichtwechsel ins Leben gerufen und brach dieses Jahr alle Rekorde: Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V. (BAG WfbM) nahmen bundesweit rund 240 Werkstätten, mehr als 1550 Werkstattbeschäftigte, knapp 1430 Mitarbeiter:innen aus Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes am Schichtwechsel teil.
„Alle teilnehmenden Werkstätten und Unternehmen zeigen, dass die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben eine gemeinschaftliche Aufgabe ist. Hier bedarf es eines gesellschaftlichen Umdenkens. Nur zusammen können Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Werkstätten die inklusive Arbeitswelt von morgen gestalten“, betonte Martin Berg.
Im BWMK wurden die Werkstatt-Beschäftigten selbst aktiv und gingen auf die Suche nach Tausch-Unternehmen. So reichte das Spektrum vom Flughafenbetreiber Fraport über den Maschinen- und Metallbauer Mato aus Mühlheim am Main, das Freizeitbad „Vitamar“ in Klein-Ostheim bis hin zum Verlag des Hanauer Anzeigers und vielen mehr.
Bettina Tombs von der Werbeagentur Keko in Frankfurt arbeitete auf dem Bioland-Hofgut Marjoß des BWMK mit und erklärte: „Es ist beeindruckend, was die Menschen leisten, wenn der Arbeitsplatz so eingerichtet ist, dass er ihren Fähigkeiten entspricht.“
Für Paul Salamon aus Bad Orb war es ein aufregender Tag. Der 19-Jährige hat ein Handicap und sammelt in der Reha-Werkstatt „Digitaldruckzentrum“ des BWMK in Bad Soden-Salmünster erste berufliche Erfahrungen. Da er auch politisch interessiert ist, besucht er das Bildungsangebot „Demokratiewerkstatt“, wo Themen aus Politik, Geschichte und Gesellschaft diskutiert werden. So entstand bei ihm der Wunsch, bei der Bildungspartner Main-Kinzig GmbH zu hospitieren, die unter ihrem Dach die Volkshochschule, den Campus berufliche Bildung sowie den Campus Gesundheit und Beruf vereint.
Im Bildungshaus in der Frankfurter Straße 30 in Gelnhausen wurde der „Schichtwechsler“ freundlich empfangen und durfte gleich auf dem Sessel des stellvertretenden Geschäftsführers Alexander Wicker Platz nehmen.
Souverän nahm „Schichtwechsler“ Paul Salamon den Platz des stellvertretenden Geschäftsführers ein. Er wurde im Bildungshaus der Bildungspartner Main-Kinzig von Geschäftsführer Horst Günther (links) und Mitarbeiter Matthias Müller-Stehlik begleitet.
Alexander Wicker wiederum lernte derweil die Arbeitsabläufe im Digitaldruckzentrum in Bad Soden-Salmünster kennen, wo Menschen mit psychischen Erkrankungen in den Bereichen Mediengestaltung, Druckdienstleistung, Mailing und Logistik tätig sind und sich weiter qualifizieren können. „Ziel der Werkstatt ist es immer, möglichst arbeitsmarktnahe Angebote zu gestalten, um die Aufgabe der beruflichen Rehabilitation gut zu erfüllen“, erklärte Betriebsleiter Jürgen Müller. „Indem sich Menschen mit Behinderungen und Arbeitgeber:innen begegnen, entsteht gegenseitiges Verständnis“, so Müller. Gemeinsam könne man eine inklusivere Arbeitswelt gestalten. | Gut verpackt: Alexander Wicker, stellvertretender Geschäftsführer der Bildungspartner Main-Kinzig GmbH, arbeitete als „Schichtwechsler“ in der Reha-Werkstatt Bad Soden-Salmünster. |
„Über Planung und Organisation habe ich heute viel gelernt“, resümierte Bildungshaus-Praktikant Paul Salamon. Sein Tauschpartner Alexander Wicker wurde in der Reha-Werkstatt bei der Verpackung und Konfektionierung von Hilfslieferungen für Menschen in Krisengebieten eingesetzt. Sein Fazit: „Ich habe heute für mich persönlich, aber auch für mein Unternehmen, wertvolle Erfahrungen machen dürfen. Welche abwechslungsreiche und herausfordernde Arbeit in den Betrieben es BWMK gemacht wird, unterschätzen viele, glaube ich.“ Aber auch aus dem Gespräch mit Paul Salamon habe er viel gelernt: „Besonders der Austausch mit meinem Tauschpartner war sehr erhellend, der unsere eigene Arbeit von außen betrachtet und reflektiert hat.“
Paul Salamon als gefragter Gesprächspartner im Interview mit dem Hessischen Rundfunk.
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